Europa: Eine Camperreise mit Baby zu Corona Zeiten
- 22.12.2020
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Wir haben es getan! Zwei Monate Campingreise durch Europa – trotz Corona und mit Baby! Wir berichten von unserer Elternzeitreise in diesem außergewöhnlichen Spätsommer 2020; über unsere Bedenken vorab, wie wir uns vorbereitet haben und wie es dann wirklich war: diese Zeit voller Einschränkungen und darüber, warum eine Camperreise in Zeiten von Corona genau das Richtige ist. Kommt mit!
Reisen in Europa zu Coronazeiten im Camper – ein Erfahrungsbericht
Wer sind wir?
Wir sind Miri, Manu und Baby David (mittlerweile 14 Monate alt) von teilzeittravels. Wir sind eine ganz normale kleine, junge Familie, die gerne reist und auf ihrem Blog darüber berichtet. Camping-Erfahrungen haben wir -ohne David- bereits in Kanada im Wohnmobil, in Namibia und Botswana im Hilux 4x4 mit Dachzelt und in Westaustralien mit einem Allrad-Bushcamper gesammelt. Mit der CamperOase wollten wir uns den Traum einer mehrmonatigen Elternzeitreise nach Australien verwirklichen, bis Corona uns einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Stattdessen durften wir als einer der ersten Kunden mit einem Camper von DRM hier in Deutschland starten und fuhren einfach drauf los. Es war nicht Australien, aber es war die Zeit unseres Lebens mit vielen Überraschungen – eine unvergessliche Reise in einer verrückten Zeit.
Reisen trotz Corona – Sollen wir wirklich?
Natürlich haben wir uns vorab viele Gedanken gemacht, vor allem, seit wir Eltern sind. Ein Baby ist schließlich eine riesige Verantwortung. Man sucht sich im Gegensatz zu früher eh schon Reiseziele aus, die sicher(er) sind, eine gute Grundversorgung und eine funktionierende medizinische Infrastruktur haben. In Europa eigentlich kein Problem, oder? Dieses Jahr ist alles anders, denn da ist dieses Coronavirus, das im Sommer zwar abgeflacht, aber nicht verschwunden ist. Es ist da, mittlerweile überall und unberechenbar. Also was ist, wenn wir fahren, und dann? Was kann passieren? Das haben wir uns vorab gefragt und uns überlegt, wie wir in welcher Situation reagieren müssten; und sind ganz schnell zu dem Entschluss gekommen: Natürlich fahren wir los!
Denn Camping in Europa ist die perfekte Art zu Reisen in Zeiten von Corona.
Camping und Vanlife stehen für Freiheit, Flexibilität, Unabhängigkeit, Abenteuer - aber auch für Sicherheit, Komfort und Rückzug. Alles kann, nichts muss!
Reisewarnung, Lockdown, Shutdown oder gar sich anstecken – was machen wir, wenn…?
Als wir unsere Tour Anfang September starteten, hatten wir bereits drei Reisepläne über den Haufen geworfen. Eigentlich wären wir nach Australien geflogen. Als dann klar war, dass wir in Europa bleiben müssen, suchten wir uns Kroatien aus. Wir wollten über Slowenien und Kroatien nach Montenegro (das war schnell raus, da es nicht zur EU gehört und quasi schon gesperrt war). Nach der ersten Reisewarnung auf dem Balkan, schwenkten wir um auf Südfrankreich, bis uns kurz vor Abfahrt die steigenden Zahlen dort erneut einen Strich durch die Rechnung machten. Wir hatten keine Lust mehr auf durchkreuzte Planungen und entschieden uns für das Beste, was wir hätten tun können: Wir fuhren einfach los und ließen alles auf uns zukommen.
Dabei hielten wir uns an folgende Corona-„Regeln“:
- Reisewarnung – durchkreuzte Reisepläne mit Überraschungseffekt
Wir fahren in kein Land, für das bereits eine Reisewarnung besteht; weder aus Deutschland noch aus den angrenzenden Ländern, da wir vermeiden wollten, irgendwo nicht anhalten zu dürfen, in Quarantäne oder uns testen lassen zu müssen. Wir halten uns an die Regeln und v.a. an Abstand, tragen die Maske, wo wir es müssen und/oder für nötig halten und meiden Hotspots oder Orte mit Menschenmassen. Sollte erneut die Situation wie im Frühjahr aufkommen, als einige Regierungen beschlossen hatten, die Grenzen zu schließen, fahren wir heim. Wir wollten unsere kleine Familie keiner Gefahr aussetzen. Und wir wollten auch für unsere Mitmenschen -sowohl zuhause als auch auf Reisen- zu keiner Gefahr werden. Dazu checkten wir fast täglich aktuelle Reisewarnungen durch das RKI, aber auch die Infos der Länder vor Ort, die Entwicklung der Zahlen und hörten auf unser Bauchgefühl. Das Virus ist schließlich überall und so wollten wir selbst entscheiden können, wo wir uns sicher fühlen.
Wir buchten nichts vor und entschieden manchmal erst morgens bereits am Steuer sitzend, wo unser nächster Stopp sein sollte. Tatsächlich schafften wir es bis zum Schluss so, all dem zu entkommen. Keine Reisewarnung, kein Risikogebiet, kein Lockdown, dafür viele unerwartete Erlebnisse und positive Überraschungen- ein Hoch auf spontane Entscheidungen im Camperleben!
- Örtliche & zeitliche Flexibilität beim Camping
Wir reisen nur solange und an Orte, mit denen wir uns wohl fühlen. Und wir bleiben dort, wo es uns gefällt. Mit unserem Camper haben wir immer und überall ein Stück Zuhause und alles, was wir brauchen, dabei. Falls einer von uns Erwachsenen krank wird und erste Symptome einer möglichen Corona Infektion aufweist, brechen wir auf in Richtung Heimat. Denn nichts ist furchterregender als die Vorstellung, dass wir beide komplett flach liegen und niemand da ist, um sich um unser Baby zu kümmern. Im Fall der Fälle haben wir im Camper die größte aller Sicherheiten: Wir können jederzeit umdrehen, sind auf keine Flüge oder Fähren angewiesen.
Europa statt Australien als Reiseziel – Top oder Flop?
„Dann bleiben wir halt in Europa“ – Natürlich ist Europa nicht Australien oder Neuseeland. Wir waren enttäuscht und traurig, dass wir unseren Traum von einer mehrmonatigen Reise ans andere Ende der Welt nicht verwirklichen konnten. Europa kann man schließlich immer machen, dachten wir. Mit wenig Erwartung fuhren wir also los. Und was sollen wir sagen? Wir wurden umgehauen von unbeschreiblich schönen Orten, einer gewaltigen Natur, herzlichen Menschen und jeden Tag eines Besseren belehrt. Denn Europa ist wunderschön und vielfältig. Wir fuhren über Süddeutschland, Österreich nach Slowenien, wo ein Wow-Effekt den nächsten jagte, und dann nach Italien, weil zu diesem Zeitpunkt gefühlt nichts anderes mehr ging. Und selbst in Italien, wo wir zuvor schon viele Male waren, fanden wir so viele neue Orte, dass wir euch nur ermutigen können, unsere Heimat und ihre Nachbarländer näher kennenzulernen. Mit dem Camper zu reisen bedeutet mehr zu sehen von einem Land, näher an den Menschen dran zu sein und vor allem in der Natur. Kein Kontinent der Welt bietet so viele verschiedenen Facetten, Kulturen und Landschaften auf so engem Raum wie Europa. Wir hatten uns vorgenommen, Strecken von maximal 2-3 Stunden am Tag zurückzulegen, weil es für uns und das Baby einfach entspannter war. Manchmal kamen wir nach nur einer Fahretappe in einer völlig neuen Welt an. Mit Kind ist Europa also prädestiniert für einen Roadtrip.
Camping als Massentourismus an der Adria vs. einsame Natur in Down Under?
Dank praktischer Apps wie z.B. park4night findet man europaweit sichere Spots für die Nacht - oft sogar kostenlos. Vom Fünf-Sterne-Campingplatz inklusive Spielplatz, Pool und Animationsprogramm über Agriturismo auf Weingütern oder Bauernhöfen, bis hin zu Wildcamping-Spots war immer und überall etwas Schönes für uns frei. Wir schöpften gerne aus diesem vielfältigen Angebot und einer bunten Mischung an Übernachtungsmöglichkeiten. Auf fast allen Campingplätzen wurde akribisch auf Hygiene und Sauberkeit geachtet, manchmal herrschte Maskenpflicht und wenn wir irgendwo kein gutes Gefühl hatten, sind wir weitergezogen oder haben einfach unsere eigenen sanitären Anlagen im Camper benutzt. Dank unseres vollausgestatteten Kastenwagens inklusive Küche und Nasszelle profitierten wir zudem von kostenlosen freecamping-Stellplätzen oder kleineren, nicht ganz so hervorragend ausgestatteten Campgrounds, dafür in herausragender Lage direkt am Strand oder einem Gletscherfluss. So hatten wir manchmal auch in Europa dieses unbeschreibliche Down-Under-Gefühl von Einsamkeit, Naturnähe, Freiheit und Weite, obwohl die nächste Stadt gar nicht weit weg war.
Corona Einschränkungen oder Traumreiseziele für sich allein?
Da wir ja noch vor dem ganzen Herbst-Lockdown-Chaos reisten, hatten wir nahezu keine Einschränkungen, bis auf hier und da bereits Maskenpflicht, in manchen italienischen Regionen Fiebermessen vor Betreten des Supermarktes, oder dass man sich für gewisse Touren oder Führungen voranmelden musste, um Massenanstürme zu vermeiden.
Beim Camping verbringt man sowieso viel Zeit in der Natur; beim Baden, Wandern, Grillen – da haben wir das Virus fast ab und an vergessen. Wir hatten generell das Gefühl, dass sich die Menschen in Slowenien und in Italien viel Mühe gaben, es den Touristen so schön und normal wie möglich zu machen. Es herrschten zu der Zeit ähnliche Hygienekonzepte wie in Deutschland und wir hatten weder das Gefühl, dass diese vor Ort nicht ernst genommen worden wären, noch, dass wir aufgrund von Corona irgendetwas verpasst hätten. I
m Gegenteil; weil insgesamt viel weniger los war, konnte man viele Orte viel mehr genießen. So waren wir z.B. fast ganz allein im italienischen Matera, Kulturhauptstadt 2019 und im letzten Jahr von Menschenmassen überrannt. Hotspots wie Venedig konnten in diesem Sommer so entspannt wie nie besichtigt werden, weil weder Kreuzfahrtschiffe noch Touristen aus Asien und Amerika kommen konnten. Wann hat man schon mal die Chance, fast allein auf dem berühmten Markusplatz zu stehen?
Grenzchaos, eingeschlagene Scheiben, Überfälle, Fremdenhass – hier in Europa? Nein, Gastfreundschaft und Dankbarkeit!
Von Grenzchaos mit Wartezeiten von über 15 Stunden, verschärften Kontrollen, von Fremdenhass, eingeschlagenen Scheiben und zerkratzten Campern, weil man als Deutscher ins Ausland gefahren war, hatten wir vor Abfahrt gelesen und gehört. Nichts davon hat uns getroffen; eine kurze Passkontrolle beim Durchfahren nach Slowenien und das war’s.
Das Chaos an den Grenzen ist vorbei. Und die Menschen in Österreich, Slowenien und Italien? Die waren überdurchschnittlich gastfreundlich und dankbar für jeden, der dieses Jahr ein bisschen Geld in die touristischen Kassen gespült hat. Wir haben den Camper überall mit gutem Gewissen und sicher abgestellt; auf Campingplätzen, bei Weingütern, auf Bauernhöfen, aber auch wild am Strand, auf einem kostenlosen Stadtparkplatz oder vor einem Einkaufszentrum. Nirgends haben wir uns unwohl oder nicht willkommen gefühlt – im Gegenteil.
Last but not least: Warum Camping die beste Art zu reisen ist? Der Camper ist dein Zuhause – egal, wo du bist!
Der wohl wichtigste Punkt aus unserer Sicht im Hinblick auf das Reisen im Camper durch Europa in Zeiten von Corona ist wohl der Camper an sich. Wir waren mit einem vollausgestatten Kastenwagen unterwegs; für uns und unsere Situation als kleine Familie das perfekte Fahrzeug. Denn es ist in seiner Größe nicht nur kompakt und damit perfekt für Gebirgspässe in Slowenien und die kleinen, engen Straßen in Italien geeignet; der Camper war zwei Monate lang unser fahrendes, hygienisch einwandfreies Zuhause.
Egal, wo wir stoppten, wo wir übernachteten und wohin wir fuhren, wir hatten immer und überall alles, was wir brauchten, dabei. Und es war alles unseres! Wechselkleidung, Windeln und Essen für das Baby (und natürlich auch für uns), ein Bett, unsere Küche mit Kühlschrank und vor allem auch unsere eigene Toilette und Nasszelle. Regelmäßiges Händewaschen, sicher aufs Klo gehen, aus einem sauberen Glas trinken… wir waren 22 Fahrstunden von der Heimat entfernt genauso sicher wie zuhause auch.
Fazit:
Für uns war das Vanlife der Inbegriff dieser Zeit und dieser Reise: es vermittelte uns Freiheit, Spontanität und gleichzeitig Sicherheit und Rückzugsort. Als wir uns in Neapel zwei Nächte in einem Bed & Breakfast einmieteten, weil wir uns mal wieder ein Stück Luxus gönnen wollten, hatten wir Heimweh – nach unserem Bett; in unserem Camper. Wir finden, das sagt alles!